Rita Schorpp/KAS e.V.

Die Einbindung der DDR in den sowjetischen Machtbereich

Ebenso wie die Bundesrepublik sich zunächst als ein „Transitorium“ verstand, so definierte sich auch die DDR als ein „Provisorium“. Nachdem Wilhelm Pieck, der erste Vorsitzende der SED, einstimmig von der Provisorischen Länderkammer und der Provisorischen Volkskammer zum Präsidenten der DDR gewählt worden war (11.10.1949), wurde vom selben Gremium die erste Provisorische Regierung der DDR mit Otto Grotewohl als Ministerpräsidenten bestätigt. Die Volkskammer gab sämtliche Verwaltungsaufgaben der Deutschen Wirtschaftskommission, die seit 1947 die zentrale Verwaltungsinstanz in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) war, in die Hände der Provisorischen Regierung. Ähnlich wie in der Bundesrepublik aus dem Wirtschaftsrat die einzelnen Ministerien hervorgingen, übertrug auch die DDR alle Aufgaben der Wirtschaftskommission den jeweiligen Ministerien. Am 10.10.1949 übertrug die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) ihre Verwaltungsaufgaben auf die Provisorische Regierung. Diese sah sich von Anfang an größten wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten gegenüber. Darüber konnte auch nicht die Feierlichkeit der „Mitteilung über die Gründung der DDR“ hinwegtäuschen. Die SED hatte es auch mit Hilfe des „antifaschistischen Blocks“ nicht erreicht, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung mit dem neuen System identifizierte.

Mit der Gründung der Nationalen Front, zeitgleich mit der Gründung der DDR, übernahm die SED das sowjetische Modell des „Transmissionssystems“, um sich in allen gesellschaftlichen und politischen Bereichen den Einfluss auf die Bevölkerung zu sichern.

Auch im ökonomischen Bereich wurde die Angleichung an die Sowjetunion deutlich. 1949/50 begann der erste Zweijahresplan, und am 17.8.1950 wurden von der SED Grundsätze für einen Fünfjahresplan beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Verstaatlichung der Wirtschaft schon einen beträchtlichen Umfang erreicht. Bereits die Hälfte des gesamten Sozialprodukts und etwa zwei Drittel der Industrieproduktion wurden in volkseigenen oder genossenschaftlichen Betrieben erzeugt.

Die enge Verflechtung von Politik und Wirtschaft zeigte sich besonders nach der gescheiterten Deutschland-Initiative der Sowjetunion von 1952 (Stalin-Note). Die Errichtung eines Wirtschaftssystems nach sowjetischem Muster vollzog sich parallel zum Machtzuwachs der SED. Die 2. Parteikonferenz der SED forderte daraufhin im Juli 1952 den „planmäßigen Aufbau des Sozialismus“, eines Sozialismus, der die bisherige „antifaschistisch-demokratische“ Ordnung weiterführen sollte.

Abb.: Die Regierung der neu gegründeten Deutschen Demokratischen Republik beim sowjetischen Armeegeneral W.J. Tschuikow (1949, © Bundesarchiv, Bild 183-S90341 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)

Im Zusammenhang mit diesem Beschluss sind die Kollektivierung der Landwirtschaft und die Überführung weiterer Privatbetriebe in „Volkseigene Betriebe“ (VEB) zu sehen. Eine drastische Normenerhöhung führte schließlich auch zum Volksaufstand vom 17.6.1953, in dessen Verlauf auch Forderungen nach freien Wahlen und der Ruf nach einer Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten laut wurden. Er wurde mit Hilfe der sowjetischen Truppen blutig niedergeschlagen. Der Aufstand bewies abermals, dass das SED-Regime es bis zu diesem Zeitpunkt nicht verstanden hatte, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Dies zeigte sich auch daran, dass die Anzahl der Flüchtlinge 1953 den höchsten Stand seit Bestehen der DDR erreichte.

Abb.: Erich Honecker und KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew beim VIII. Parteitag der SED in Berlin (1971, © Bundesarchiv, Bild 183-K0616-0001-101 / Koard, Peter / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)

Die Integration der DDR in den Ostblock verlief zögerlich. Zunächst erkannte die DDR die Oder-Neiße-Linie im Görlitzer Vertrag völkerrechtlich an (7.6.1950), dann wurde sie in den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW / COMECON) aufgenommen (29.9.1950). Schließlich erreichte sie auch eine schrittweise Verringerung der Reparationszahlungen. Solange indes eine Regelung für ganz Deutschland im Sinne der Stalin-Note für möglich gehalten wurde, d. h. bis zum Abschluss der Pariser Verträge – Deutschlandvertrag, Brüsseler Vertrag (WEU), NATO-Vertrag, Saarstatut – am 23.10.1954, gab die Sowjetunion nur nach und nach ihre Rechte in der DDR preis, und diese wurde auch weiterhin als Ausbeutungsobjekt behandelt.

So gewährte die Sowjetunion der DDR erst nach dem Scheitern der Außenministerkonferenz der vier Besatzungsmächte in Berlin (25.1.–18.2.1954) „erweiterte Souveränitätsrechte“. Sie sollte – mit Ausnahme von Sicherheits- und Vier-Mächte Fragen – „nach eigenem Ermessen über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten“ einschließlich der Beziehungen zur Bundesrepublik bestimmen. Formal war damit die absolute Abhängigkeit von der Sowjetunion beendet. Am 25.3.1954 erklärte sich die DDR für „souverän“. An der Konferenz der Ostblockstaaten vom 29.10. bis 2.12.1954, die den Warschauer Pakt vorbereitete, nahmen auch Vertreter der DDR teil. Am 14.5.1955 wurde auch die DDR als Gründungsmitglied in ihn aufgenommen.

Abb.: Das heutige Eisenhüttenstadt erhält den „Ehrennamen“ Stalinstadt (1953, © Bundesarchiv, Bild 183-19521-0005 / Horst Sturm / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)

Unmittelbar nach dem Besuch von Bundeskanzler Konrad Adenauer in Moskau (9.–13.9.1955) reiste DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl ebenfalls nach Moskau und verhandelte über die „volle Souveränität“ der DDR (17.–20.9.1955). Es wurde ein „Vertrag über die gegenseitigen Beziehungen zwischen der DDR und der Sowjetunion“ unterzeichnet. Die UdSSR löste die Hohe Kommission in Deutschland auf und setzte sowohl die Befehle und Anordnungen der SMAD und der Sowjetischen Kontrollkommission (SKK) als auch die Kontrollratsbeschlüsse von 1945 bis 1948 für das Territorium der DDR außer Kraft. Sowjetische Truppen blieben jedoch weiterhin dort stationiert. Am 17.7.1956 schlossen die Sowjetunion und die DDR eine Vereinbarung über die Herabsetzung der Unterhaltskosten für die sowjetischen Streitkräfte auf dem Gebiet der DDR um 50 Prozent sowie über die Gewährung eines langfristigen Kredits an die DDR und die Erhöhung der gegenseitigen Warenlieferungen. Hinzu kam ein weiterer Vertrag über die zeitweilige Stationierung sowjetischer Streitkräfte in der DDR (Truppenstationierungsvertrag vom 12.3.1957). Darin behielt sich das sowjetische Oberkommando ohne Mitspracherecht der DDR vor, „im Falle der Bedrohung der Sicherheit“ alle Maßnahmen zu ergreifen, die es für notwendig hielt. Durch diese Generalklausel blieb die Souveränität der DDR in erheblichem Umfang eingeschränkt.