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Die Ziele der Alliierten 1945–1949
Im Herbst 1945 stellte sich sehr schnell heraus, dass die in Potsdam vereinbarten Ziele nicht durchsetzbar waren. Zwar fanden in allen vier Zonen Demontagen, Denazifizierungen und der Aufbau politischer Strukturen statt, jedoch geschah dies unter ganz unterschiedlichen Vorzeichen.
Während für die Amerikaner und die Briten die Denazifizierung und die Umerziehung der Deutschen zu Demokraten im Vordergrund standen, legten die Franzosen und die Sowjets besonderen Wert auf Demontagen und Reparationen. Neben dem Stellenwert der einzelnen Ziele wurden auch die unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Interessen an den Vereinbarungen von Potsdam deutlich. Wenigstens die wirtschaftliche Einheit sollte so lange aufrechterhalten werden, bis die Deutsche Frage in einem Friedensvertrag eine endgültige Lösung fände.
Zur Abstimmung auf diplomatischer Ebene wurden regelmäßige Außenministerkonferenzen einberufen. Ihre vordringlichste Aufgabe sollte die Vorbereitung eines Friedensvertrages sein. Die erste dieser Konferenzen fand vom 2.9. bis 2.10.1945 in London statt. Die Forderung Frankreichs nach einer Abtrennung des Rhein-Ruhr-Gebietes von Deutschland stand dem sowjetischen Vorschlag nach einer Viermächte-Kontrolle dieses Gebietes entgegen. Auch auf der folgenden Konferenz der Außenminister in Moskau (16. bis 22.12.1945) konnte weder in dieser Frage noch in der Frage der Reparationen in der sowjetischen Besatzungszone eine Übereinkunft erzielt werden. Auf der dritten Konferenz der Außenminister in Paris (25.4. bis 16.5.1946 und 15.6. bis 12.7.1946) stand insbesondere die Frage nach der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands im Mittelpunkt. US-Außenminister Byrnes schlug den wirtschaftlichen Zusammenschluss aller Zonen vor – ein Angebot, das die sowjetische Zone ausdrücklich einschloss. Der Vorschlag scheiterte jedoch daran, dass die Sowjetunion ihre Demontagepraxis auch auf die Westzonen ausdehnen wollte. Die USA trugen ihre Forderung nach einer Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands zwar in der Folge mit verstärktem Nachdruck vor, konnten sich aber nicht durchsetzen. Auf der Konferenz selbst blockte der sowjetische Außenminister Molotow alle Schritte in diese Richtung mit dem Hinweis ab, dass er einer Vereinigung nur dann zustimmen könne, wenn ganz Deutschland nach denselben Grundsätzen gestaltet würde, die in der SBZ schon angewandt wurden.
Abb.: „Bodenreform“ in der SBZ: ehemaliges "Königliches Rittergut" Helfenberg bei Dresden (1945, © Bundesarchiv, Bild 183-32584-0002 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)
Angesichts der Blockadehaltung der Sowjetunion gelang es den Briten, die schon seit einiger Zeit den Zusammenschluss der Westzonen favorisiert hatten, die Amerikaner auf ihre Seite zu ziehen. Die britische Idee war es, in den Westzonen die Fesseln der Besatzung zu lockern, die dort lebende Bevölkerung gegen den sowjetischen Einfluss zu immunisieren und vor allem vor dem Hintergrund der massiven wirtschaftlichen Probleme die Lage in den Zonen zu verbessern. Erstmals öffentlich vorgestellt wurde diese neue angloamerikanische Zielsetzung in einer Rede des US-Außenministers James Byrnes am 6.9.1946 in Stuttgart, in der er die Bildung einer deutschen Regierung auf Länderbasis in Aussicht stellte. Im Laufe des Herbstes 1946 wechselten die Amerikaner von ihrer Politik der Kooperation zur Politik der Eindämmung („Containment“) des sowjetischen Machtbereichs. Der neue Kurs wurde dem amerikanischen Kongress am 12.3.1947 als „Truman-Doktrin“ vorgestellt. Flankierend stellte man der neuen Politik im wirtschaftlichen Bereich den nach dem neuen amerikanischen Außenminister benannten Marshall-Plan zur Seite, ein wirtschaftliches Wiederaufbauprogramm für Europa unter Einbeziehung Deutschlands. Die Blockadehaltung der Sowjets einerseits sowie die Errichtung der Bizone und die anlaufende Wirtschaftshilfe der Amerikaner für Westeuropa andererseits verschärften die Ost-West-Konfrontation, die bald zur Teilung Deutschlands und zum Kalten Krieg führte.
Obwohl auch die Franzosen Unterstützung durch den Marshall-Plan erhielten, waren sie zunächst nicht gewillt, dem Zusammenschluss der amerikanischen und britischen Zone beizutreten. Sie bevorzugten in ihrem Besatzungsgebiet eine andere Akzentuierung der Ziele von Potsdam. Zwar befürworteten auch sie den – wenn auch langsameren – Wiederaufbau politischer Institutionen nach westlichem Vorbild, aber die Wirtschaftseinheit Deutschlands bzw. der Westzonen wollten sie noch verhindern. Ihre Forderungen nach einer internationalen Ruhr-Kontrolle sowie nach einer Eingliederung des Saargebiets in den französischen Wirtschaftsraum blieben bestehen. Erst 1949 waren die Franzosen bereit, ihre Zone – mit Ausnahme des Saargebiets – mit der Bizone zu vereinigen, und machten damit den Weg frei für die Gründung der Bundesrepublik Deutschland.
Abb.: Plakatwand in West-Berlin (1949, © User St.Krekeler on de.wikipedia / Public domain)
Angesichts der Veränderungen in der amerikanischen Politik seit Ende 1946 begann die Sowjetunion noch konsequenter ihre Ziele durchzusetzen. Mit der Einsetzung starker Zentralverwaltungen, einer Reform des Justiz- und Bildungswesens sowie einer Boden- und Industriereform sollten eine sozialistische Gesellschaftsordnung nach stalinistischem Vorbild sowie eine zentral gesteuerte Staatswirtschaft aufgebaut werden.
Damit war die wirtschaftliche und politische Einheit Deutschlands nicht mehr zu verwirklichen. Die vom Parlamentarischen Rat einerseits und vom Deutschen Volksrat andererseits beschlossenen Verfassungen führten zur Bildung von zwei Staaten in Deutschland.