Bundesarchiv, Bild 183-1987-0704-057 / CC-BY-SA 3.0

Bildung und Erziehung

Bei der Errichtung ihrer Herrschaft setzte die SED große Hoffnungen auf die Jugend und baute daher bereits Ende der 1940er Jahre in der Sowjetischen Besatzungszone ein neues Bildungssystem auf.

Einerseits wollten die neuen Machthaber einen radikalen Bruch mit dem Schulsystem unter der nationalsozialistischen Diktatur; sie entließen deshalb beispielsweise einen Großteil der Lehrer und verboten auch den Gebrauch der bisherigen Lehrmittel. Gleichzeitig vollzogen sie einen Bruch mit traditionellen pädagogischen Strukturen. Für den Unterricht wurden zunächst sog. „Neulehrer“ rekrutiert und im Schnellverfahren ausgebildet. Viele von ihnen waren noch bis in die 1980er Jahre im Schuldienst.

Das Bildungssystem wurde später zweimal grundlegend reformiert – zunächst Mitte der 1950er Jahre und schließlich 1965 durch das „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem“. Die Bedeutung von Bildung und Erziehung für die SED-Politik zeigte sich auch darin, dass mit Margot Honecker die Ehefrau des Partei- und Staatschefs von 1963 bis 1989 als Minister (sic) für Volksbildung wirkte. Es galten folgende grundsätzliche Positionen in der Bildungspolitik: Einheitlichkeit, Staatlichkeit bzw. Weltlichkeit, Unentgeltlichkeit, Wissenschaftlichkeit, Parteilichkeit, Lebensverbundenheit.

Abb.: Erziehungsziel - Sozialistische Persönlichkeit (© Schorpp / KAS e.V.)

Das gesamte Bildungswesen der DDR von der Kinderkrippe bis hin zur Hochschule war als einheitliches sozialistisches Bildungssystem definiert, und dieser Grundansatz wurde dann in konkreten Zielsetzungen ausformuliert. So sollten alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von Geschlecht, Abstammung und sozialer Herkunft gleiche Zugangschancen zu den Bildungsmöglichkeiten der DDR haben, was auch die Aufhebung des Bildungsgefälles zwischen Stadt und Land beinhaltete. Der Aufbau eines einheitlichen Systems gestufter Bildungseinrichtungen sollte die Einheitlichkeit des Bildungssystems in Bezug auf Aufbau, Inhalt und Ziele ermöglichen, wozu auch einheitliche Lehrpläne und Lehrbücher gehörten.

Alle Kinder sollten nach ein und demselben Bildungskonzept eine gleichwertige und damit auch im Wesentlichen gleichartige Allgemeinbildung hohen Niveaus erwerben, um eine allseits begabte sozialistische Persönlichkeit zu entwickeln. Der Unterricht erfolgte von der 1. bis zur 10 Klasse gemeinsam in einer „Polytechnischen Oberschule“ (POS); Schüler mit überdurchschnittlichen Leistungen besuchten in der 11. und 12. Klasse die „Erweiterte Oberschule“ (EOS) und legten dort das Abitur ab. Überdies war das Abitur auch mit Berufsausbildung möglich (nach 13 Schuljahren und mit paralleler betrieblicher Ausbildung). Allerdings war der Zugang zum Abitur durch politische Bedingungen reglementiert: Kindern aus oppositionellen bzw. christlichen Elternhäusern war der Zugang zum Abitur und somit zur Hochschule zumeist verwehrt.

Abb.: Briefmarke anlässlich des VIII. Pioniertreffens in Karl-Marx-Stadt (© Hochgeladen und Bearbeitet von --Nightflyer (Diskussion) 21:04, 5 October 2011 (UTC) / Public domain)

Die Verfassung der DDR legte die allgemeine zehnjährige Oberschulpflicht fest und betonte die Monopolstellung des Staates im Bildungsbereich. Das bedeutete zum einen, dass konfessionelle oder private Bildungsträger faktisch keine Möglichkeit besaßen, eigene Schulen anzubieten, und zum anderen, dass ausschließlich dem Staat durch die Gestaltung verbindlicher Lehrpläne die inhaltliche Gestaltung der Bildungsinhalte und Bildungsformen vorbehalten blieb. Ab 1957 galt in der gesamten DDR die volle Schulgeldfreiheit an sämtlichen Schulen, auch an der Oberschule, ab 1965 zudem die Gebührenfreiheit des Studiums an Hoch- und Fachschulen.

Wehrkunde

Unter Wissenschaftlichkeit wurde in der DDR die Orientierung der Inhalte am dialektischen Materialismus verstanden. Die Schüler sollten im Sinne der Idee des Sozialismus und zur Affirmation der DDR erzogen werden („Partei ergreifen“), was auch die Wehrertüchtigung in den Schulen einschloss. Durch vielfältige Unterrichtsinhalte und Unterrichtsformen sollte der Unterricht sich mit dem Arbeitsleben in der DDR verbinden. So gab es ab der 7. Klasse einen „Unterrichtstag in der Sozialistischen Produktion“ (UTP) im Fach „produktive Arbeit“. Die Schule war zudem eng mit der Politik verflochten, etwa über die Pionierorganisation sowie die FDJ. Zudem gab es an jeder Schule und an jeder Hochschule Grundorganisationen der SED.

Abb.: Berliner Achtklässler im Armeemuseum Karlshorst, 10 von ihnen werden dabei in die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft aufgenommen (1981,© Bundesarchiv, Bild 183-Z1202-035 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)

Bildung und Erziehung unterstanden dem Ministerium für Volksbildung. Eine Ausnahme bestand für die Kinderkrippen, die dem Gesundheitswesen angegliedert waren, auch wenn sie trotzdem gemeinsam mit den Kindergärten die erste Stufe des staatlichen Bildungssystems bildeten. Bereits in diesen Einrichtungen gab es strikte kollektive Abläufe. So heißt es beispielsweise in der Verordnung über die Einrichtungen der vorschulischen Erziehung und die Horte von 1952: „Das Ziel aller Erziehungseinrichtungen ist die Erziehung der Jugend zu aktiven Erbauern eines einheitlichen, friedliebenden, demokratischen Deutschlands, zu aufrechten Patrioten, die fähig und bereit sind, die demokratischen Errungenschaften zu verteidigen und den Sozialismus zu verwirklichen.“