- Adenauer Campus
- DDR-Tutorium
- Widerstand, Opposition und Flucht
- Studentischer und Jugendwiderstand
Studentischer und Jugendwiderstand
Viele junge Menschen verwehrten dem SED-Regime trotz drohender Verfolgung und Verhaftung ihre Gefolgschaft.
Die Einebnung der Parteienlandschaft diente der Sicherung der Macht der SED in der DDR und war nach dem Ulbrichtschen Grundsatz organisiert: „Es muss alles demokratisch aussehen, aber wir müssen es jederzeit in der Hand haben.“ Unter diesem Motto standen auch die ersten Volkskammerwahlen. Sie wurden im Oktober 1950 durchgeführt, rund ein Jahr nach der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949. Gegen die Tatsache, dass bereits vor den Wahlen der Sieg der SED feststand, regte sich landesweiter Widerstand. Insbesondere viele junge Menschen, die den Zusammenbruch des NS-Regimes noch als Kinder miterlebt hatten, verweigerten sich der neu entstehenden Diktatur und beriefen sich in ihren Protesten auf die gegen das NS-Regime tätige Widerstandsorganisation der Weißen Rose. Derartige Gruppen bildeten sich Anfang der 1950er Jahre in der gesamten DDR und wurden von dem am 8. Februar 1950 gegründeten Ministerium für Staatssicherheit der DDR systematisch verfolgt.
Auch Gruppen wie die Werdauer Oberschüler, die Altenburger Gruppe Antikominform oder der Eisenberger Kreis protestierten gegen die Scheinwahlen, die einsetzende Militarisierung der DDR, die Einparteienherrschaft der SED und die damit einhergehende Teilung Deutschlands. Sie waren dem Terror der Sicherheitsorgane ausgesetzt. Oft wurden die meist jungen Widerständler von der seit 1949 in Westberlin ansässigen „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ (KgU) und den Ostbüros von SPD und CDU logistisch unterstützt. Diese Tatsache nahm die Stasi oft zum willkommenen Anlass, den jungen Aktivisten nachrichtendienstliche Tätigkeit zu unterstellen. Diese wiederum bot den Vorwand für eine entsprechende drakonische Bestrafung.
Abb.: Prozess gegen jugendliche „Wahlsaboteure“ in Berlin (1949, ©Bundesarchiv, Bild 183-S85813 / Rudolph / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)
Auch im Bereich der universitären Bildung regte sich in der SBZ und dann in der DDR massiver Widerstand gegen ihre Sowjetisierung. Bereits im Februar 1947 fanden die ersten und bis 1989 letzten freien Wahlen zu den Studentenräten statt. Die neu entstandenen Gremien wurden fast überall von Vertretern der CDU und der LDPD dominiert. Die von ihnen ausgehende Kritik an der neuen SED-Hochschulpolitik sorgte für permanente Angriffe seitens der kommunistischen Machthaber. Den Wortführern des Protests drohte die Verhaftung durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD. So wurden beispielsweise die führenden Vertreter der CDU im Berliner Studentenrat, Manfred Klein und Georg Wradzilo, im März 1947 von den Sowjetischen Sicherheitsorganen verhaftet und zu je 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Ihnen wurde Spionage und die „Bildung einer faschistischen Untergrundorganisation“ vorgeworfen.
Zur gleichen Zeit wurde an der Leipziger Universität Wolfgang Natonek, Sohn eines Schriftstellers, zum Vorsitzenden des Studentenrates gewählt. Als sich im Dezember 1948 seine dritte Wiederwahl abzeichnete, wurde der seit seinem 25. Lebensjahr der LDPD angehörende Gründer der liberaldemokratischen Hochschulgruppe zusammen mit weiteren Vertretern bürgerlicher Hochschulgruppen verhaftet und ebenfalls zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Die Leipziger LDPD-Hochschulgruppe wurde verboten und DDR-weit setzten verstärkte Repressionen und Drohungen gegen die bürgerlich orientierten Kräfte ein. So gelang es der SED mithilfe stalinistischer Gewaltmethoden, bei den dritten Studentenratswahlen die bsolute Mehrheiten zu erlangen. Folgerichtig wurden die nun ebenfalls gleichgeschalteten Studentenräte im Jahr 1952 aufgelöst, denn zu diesem Zeitpunkt hatte die SED dank ihrer Zulassungs- und Kaderpolitik bereits die Macht an den Hochschulen.
Bis zum Mauerbau am 13. August 1961 verließen deshalb viele freiheitlich gesinnte Intellektuelle aus Protest die DDR in Richtung Bundesrepublik. Höhepunkte des öffentlich sichtbaren „Jugend- und Studentenwiderstands“ waren die landesweiten Beatproteste und der Widerstand gegen die Sprengung der Leipziger Universitätskirche St. Pauli im Mai 1968. In Verlauf der 1960er Jahre ebbte der Protest jedoch allmählich ab. Nachdem Erich Honecker 1971 an die Spitze der SED gelangt war, schien sich zunächst sogar eine Liberalisierung der DDR anzukündigen. Mit den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten 1973 in Berlin wollte die DDR-Führung ihre angebliche Weltoffenheit demonstrieren. In Wirklichkeit hatte sie aber nur ihre Unterdrückungsmechanismen verfeinert, um sie nach außen hin weniger sichtbar werden zu lassen. Gerade in Vorbereitung der Weltfestspiele wurden Tausende nichtangepasste Jugendliche verhaftet und in Heime der Jugendhilfe oder in psychiatrische Einrichtungen zwangseingewiesen oder mit Aufenthaltsbeschränkungen belegt. Erst nach der Zwangsausbürgerung Wolf Biermanns am 16. November 1976 etablierte sich in der DDR eine neue, alle Bevölkerungsgruppen einbeziehende Protestkultur. Von hier aus verlaufen direkte Linien zur friedlichen Revolution im Herbst 1989 und damit zum Ende des SED-Regimes.