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Widerstand gegen die Zwangsvereinigung von KPD und SPD
Fünf Wochen nach der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 gestattete die sowjetische Militäradministration (SMAD) in Berlin mit ihrem „Befehl Nr. 2“ die Gründung von Parteien und Gewerkschaften. Innerhalb kurzer Zeit formierten sich die KPD, die SPD, die CDU und die Liberaldemokratische Partei Deutschlands (LDPD) und bildeten Mitte Juli die sogenannte „Einheitsfront der antifaschistisch-demokratischen Parteien“.
Sehr schnell aber stellte sich heraus, dass die drei letztgenannten Parteien zunehmend in Abhängigkeit von der KPD gerieten, auch weil die sowjetische Besatzungsmacht diese in jeder Hinsicht bevorzugte. Auf Drängen der SMAD erhoben die Kommunisten ab dem Spätherbst 1945 die Vereinigung der beiden Arbeiterparteien KPD und SPD zu ihrem vorrangigen Ziel. Zunächst reagierten die Sozialdemokraten uneinheitlich auf diese Initiative. Stand die Parteiführung um Otto Grotewohl diesen Forderungen in den letzten Wochen des Jahres 1945 zunächst noch ablehnend gegenüber, befürworteten zahlreiche Sozialdemokraten an der Basis ein Zusammengehen mit den Kommunisten. Viele hatten dabei die Hoffnung, dass sie aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit und entsprechend ihrem höheren Ansehen in der Bevölkerung in einer gemeinsamen Partei tonangebend sein würden. Andererseits gingen in der Berliner SPD-Parteizentrale immer häufiger Berichte ein, wonach Gegner der Vereinigung vom sowjetischen Geheimdienst NKWD unter Druck gesetzt oder sogar verhaftet wurden.
Abb.: Vereinigungsparteitag von KPD und SPD zur SED, Berlin, April 1946 (©Bundesarchiv, Bild 183-W0910-305 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)
Zu den prominenten Sozialdemokraten, die sich der Zwangsvereinigung widersetzt hatten, gehörte der Oberbürgermeister der sächsischen Stadt Werdau, Gerhard Weck. Er wurde daraufhin 1948 von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Ähnlich erging es dem Saalfelder Hermann Kreutzer, der zu den Mitbegründern der SPD in Thüringen zählte, und den 1949 wegen desselben Delikts das gleiche Urteil traf. Lediglich in den drei Westsektoren Berlins war es noch möglich, eine Urabstimmung über den geplanten Zusammenschluss durchzuführen. Sie fand nach scharfen innerparteilichen Auseinandersetzungen am 31. März 1946 statt. Das Ergebnis war eindeutig: 82 Prozent lehnten die Vereinigung mit der KPD ab.
In Ost-Berlin verhinderten die Kommunisten mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht eine solche freie Abstimmung. Kurt Schumacher, der führende Kopf der SPD in den Westzonen, hatte eine Vereinigung von vornherein abgelehnt und daher bereits Ende 1945 den Bruch zwischen der SPD in den Westzonen und dem von Otto Grotewohl geleiteten Berliner Zentralausschuss der Partei vollzogen. Angesichts dieser prekären Situation drängte die Führung der KPD zu einer schnellen Vereinigung. Sie wurde am 21./22. April 1946 vollzogen. Auf dem sogenannten „Vereinigungsparteitag“ im Berliner Admiralspalast beschlossen die 507 KPD- und 548 SPD-Delegierten die Gründung der „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ (SED). Vorsitzende wurden der Sozialdemokrat Otto Grotewohl und der Kommunist Wilhelm Pieck.
Abb.: SED-Wahlpropaganda, Berlin, Oktober 1946 (©Bundesarchiv, Bild 183-S74916 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)
Otto Grotewohl war im Vereinigungsprozess eine der Schlüsselfiguren auf sozialdemokratischer Seite gewesen. Obwohl er dem Zusammenschluss zeitweise kritisch gegenübergestand, wandelte sich zu einem eifrigen Unterstützer. Nach der Gründung der SED ging er nahezu widerspruchslos alle Schritte mit, die zur Wandlung der SED in eine „Partei neuen Typs“ im Sinne der KPdSU beitrugen, obwohl damit die Verfolgung jeglicher Form von „Sozialdemokratismus“ in der SED verbunden war.
Als Antwort auf das Geschehen in der DDR wurde in den drei Westzonen am 10. Mai 1946, wenige Wochen nach der Zwangsvereinigung, Kurt Schumacher zum Parteivorsitzenden der SPD gewählt. Sein Büro in Hannover entwickelte sich daraufhin zur gesamtdeutschen Parteizentrale der SPD. Es bemühte sich von nun an, die vom SED-Staat unterdrückten und verfolgten Menschen zu unterstützen, das Regime mit politischen und publizistischen Mitteln zu bekämpfen, und am Kampf aller Demokraten um die Wiedervereinigung Deutschlands aktiv mitzuwirken. Dazu stand ihm auch das sogenannte „Ostbüro“ der SPD zur Verfügung, das im Jahr 1966 in das „Referat für gesamtdeutsche Fragen“ umgewandelt wurde.
Auch die CDU und die Liberalen unterhielten infolge der Gleichschaltung der Parteien ihre eigenen Ostbüros. Von den 14 damals gewählten Mitgliedern des Hauptvorstandes der CDU in der SBZ waren bis 1950 zehn in den Westen gegangen. Bis zur Wiedervereinigung bildeten sie mit den aus der SBZ bzw. DDR geflüchteten CDU-Mitgliedern eine als Landesverband anerkannte Exil-CDU, die politisch in den Osten wirken und die dortige Opposition unterstützen sollte. Außerdem war sie u. a. für die Betreuung von politischen Gefangenen und deren Angehörigen in der DDR, für DDR-Flüchtlinge sowie für die Herstellung einer Gegenöffentlichkeit in der DDR zuständig.