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Rechtfertigungen

Die DDR stand stets im Wettbewerb mit der Bundesrepublik. Walter Ulbricht hatte 1957 verkündet, die DDR werde die Überlegenheit des Sozialismus durch „Überholen ohne Einzuholen“ beweisen. Dass er damit die Menschen nicht überzeugen konnte, zeigten die steigenden Flüchtlingszahlen. Die Massenflucht konnte trotz des Eisernen Vorhangs quer durch Deutschland erst mit dem Bau einer Mauer rund um West-Berlin gestoppt und damit die Existenz der DDR gesichert werden. Mit dem Mauerbau fiel die Notwendigkeit weg, das System so zu reformieren, dass es die freiwillige Zustimmung der Menschen hätte finden können. Bis 1989 identifizierte sich die DDR-Gesellschaft widerwillig mit ihrem Staat.

Für die allermeisten DDR-Bürger blieb die „Messlatte“ immer die Bundesrepublik. Anders als in den anderen Staaten des Warschauer Paktes fehlte das nationalstaatliche Element, denn anders als dort gab es in der DDR immer die potentielle Möglichkeit des Lebens im „anderen Deutschland“. Der „Klassenfeind“ war jeden Abend zu Gast in den Stuben zahlreicher DDR-Bürger: ARD und ZDF wurden im DDR-Volksmund als „Zentrales deutsches Fernsehen – außer Raum Dresden“ kolportiert.

Im Laufe der Zeit wurde immer deutlicher, dass die Mauer buchstäblich die DDR zusammenhielt. Gegen Opposition und Dissidenz halfen Ausbürgerungen, Verfolgung und Haft sowie der Verkauf von politischen Gefangenen. Aber je stärker die Bürgerrechtsbewegung wurde, desto weniger wirkten die Drohungen und Maßnahmen der „Staatsgewalt“.

Um dennoch die Richtigkeit des politischen Handelns und die Überlegenheit der eigenen Weltanschauung zu untermauern, propagierten die SED und ihre Unterstützer zahlreiche Rechtfertigungsversuche. Dazu gehört die Behauptung, die DDR sei von Anfang an wirtschaftlich benachteiligt gewesen. Nach 1990 wurde der Mythos verbreitet, „der Westen“ habe nach der Wiedervereinigung Siegerjustiz geübt. Lesen Sie unseren Mythencheck!