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Militarismus im Alltag
Die DDR propagierte sich als „Friedensstaat“; der Alltag eines jeden Bürgers war allerdings vom Militarismus geprägt.
Bereits in Kinderliedern wurde die Volksarmee glorifiziert. In den Kindergärten gab es Kriegsspielzeug, und bereits in der Grundschule begann die Uniformierung der Gesellschaft: Mit der Aufnahme in die Pionierorganisation musste jedes Kind zu bestimmten Anlässen ein weißes Hemd mit blauem (später rotem) Halstuch tragen. Ab dem 14. Lebensjahr und mit der Aufnahme in die FDJ war die „Uniform“ dann ein blaues Hemd. Mit dem Halstuch sowie später mit dem Blauhemd nahmen die Kinder und Jugendlichen an den Fahnenappellen in den Schulen teil, etwa zum „Republikgeburtstag“ oder bei Auszeichnungen.
Wehrkundeunterricht
Ab 1978 mussten alle Mädchen und Jungen der 9. und 10. Klasse am Wehrunterricht teilnehmen; eine Freistellung war nicht möglich. FDJ-Mitglieder (i. d. R. waren dies alle Schüler) mussten in Blauhemden erscheinen. Im theoretischen Teil, dem sog. Wehrkundeunterricht, wurden militärisches und politisches Grundlagenwissen über die NVA sowie die „sozialistische Landesverteidigung“ vermittelt und zum „Freund-Feind-Denken“ erzogen. Ein wichtiger Teil des praktischen Wehrunterrichts war in der 9. Klasse ein offiziell „freiwilliges Wehrlager“ für die Jungen. Vorläufer dazu waren Geländespiele im Grundschulalter sowie sportliche Wettkämpfe mit militärischen Inhalten (z. B. Geländemärsche). Über spielerische Elemente wurden die Kinder dabei an spätere militärische Aufgaben herangeführt. Daneben gab es Arbeitsgemeinschaften militärischen Inhalts (z. B. AG „Junge Funker“). Überdies waren die Lehrer angehalten, in ihren Schulen für eine Karriere als Berufsoffizier der NVA zu werben.
Die gesetzlichen Regelungen für die Zivilverteidigung (ZV) in der DDR stammten aus den Jahren 1967 bis 1970. Sie war anfangs dem Vorsitzenden des Ministerrats unterstellt und seit 1978 dann dem Ministerium für Nationale Verteidigung. In die ZV wurde auch der Katastrophenschutz integriert, ebenso die Sanitätseinrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Bereits in der Polytechnischen Oberschule war ein Lehrgang für Zivilverteidigung für alle Mädchen sowie für diejenigen Jungen, die nicht in das Wehrlager fuhren, Bestandteil des Wehrunterrichts. Entsprechende Übungen gehörten auch zur vormilitärischen Ausbildung in der Erweiterten Oberschule, in der Berufsausbildung und im Studium sowie zum Alltag in den Betrieben.
Abb.: Wachaufzug anlässlich des 25. Jahrestages der Gründung der DDR (1974, © Bundesarchiv, Bild 183-N1007-0040 / Friedrich Gahlbeck / CC-BY-SA 3.0)
Gesellschaft für Sport und Technik
Die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) als paramilitärische Jugendorganisation in der DDR sollte vor allem der gemeinschaftlichen Freizeitgestaltung technisch und sportlich interessierter Jugendlicher dienen, die dazu erforderlichen technischen Mittel (wie Motorräder, Flugzeuge, Funkgeräte) zur Verfügung stellen sowie technische Sportarten (wie etwa Motor- und Schießsportarten) pflegen und Wettkämpfe veranstalten. Gleichzeitig war sie jedoch gemeinsam mit der Nationalen Volksarmee für die gesetzlich vorgeschriebene vormilitärische Ausbildung (VA) an Schulen und Universitäten sowie in den Betrieben verantwortlich. Die GST wurde am 7. August 1952 gegründet und im Frühjahr 1990 aufgelöst. Sie gab monatlich die Zeitschrift Sport und Technik heraus. Die GST war der Dachverband folgender Sport-Organisationen: Deutscher Schützenverband, Flug- und Fallschirmsportverband, Militärischer Mehrkampfverband, Radiosportverband, Seesportverband und Tauchsportverband.
Abb.: Mädchen im GST-Trainingslager Mirow (1967, © Bundesarchiv, Bild 183-F0804-0023-001 / Kohls, Ulrich / CC-BY-SA 3.0)
Kampfgruppen
Als besondere militärische Organisationen entstanden in den 1950er Jahren die Kampfgruppen der Arbeiterklasse. Hauptsächlich aus männlichen SED-Mitgliedern bestehend, gab es sie in den Betrieben, staatlichen Einrichtungen, LPGs sowie den Hoch- und Fachschulen. Ihre Mitglieder nahmen in ihrer Freizeit mehrmals im Jahr, zumeist an Freitagen oder Wochenenden, in Uniform an militärischen Übungen oder Schulungen teil, die durch Offiziere der Volkspolizei angeleitet wurden. Die Kampfgruppen trugen massiv zur Militarisierung der DDR-Gesellschaft bei. Im Verteidigungsfall waren die Bezirkskampfkräfte zur Eingliederung in die NVA-Verbände vorgesehen. Die Bewaffnung der Angehörigen der Kampfgruppen bestand aus Pistolen, Gewehren des Fabrikats AK-47, Maschinenpistolen, MGs, Granatwerfern, leichten Panzerabwehr- und Flakgeschützen sowie leichten Schützenpanzern. Der historisch wichtigste Einsatz der Kampfgruppen war die Absicherung des Baus der Berliner Mauer 1961. Des Weiteren wurden sie zum Beispiel zur Unterstützung der Volkspolizei mobilisiert, wenn Sowjetsoldaten mit Munition fahnenflüchtig waren. Präsenz zeigten die Kampfgruppen insbesondere bei den jährlichen Paraden zum 1. Mai.