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Volkseigener Betrieb
VEB entstanden nach 1945 aus enteigneten und verstaatlichten Betrieben. Bis Mitte 1948 hatte man insgesamt 9.281 gewerbliche Unternehmen enteignet. Sie existierten zunächst bis 1951 als unselbständige Filialbetriebe der ihnen vorgeordneten Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB).
Anfang 1952 erhielten die VEB den Status selbständig wirtschaftender Einheiten. Frühzeitig rückte mit dem Aufbau der Wirtschaft nach dem Krieg und der Durchsetzung einer sozialistischen Planwirtschaft der volkseigene Produktionsbetrieb in den Mittelpunkt zentralplanwirtschaftlicher Aktionen der SED. Diesem und allen anderen VEB hatte man die Aufgabe zugewiesen, das vom Staat zugeteilte sachliche und finanzielle Vermögen effizient zu nutzen sowie Erzeugnisse und Leistungen auf der Grundlage staatlicher Pläne zur Verfügung zu stellen. Damit waren u.a. auch die Übernahme und Anerkennung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung (Realisierung des Wirtschaftlichkeitsprinzips auf Betriebsebene ohne Gefährdung der zentralen Steuerung) nach sowjetischem Vorbild oder Abgaben an den Staatshaushalt verbunden. Die Bildung von VEB entsprach der von der SED angestrebten Verwirklichung der Vergesellschaftung der Produktionsmittel im Sinne des klassischen Marxismus. Dieses vergesellschaftete Eigentum hatte jedoch eindeutig den Charakter von Staatseigentum. Mit Blick auf ihre formalrechtliche Konstruktion hatten VEB rechtlich und ökonomisch den Status selbständiger Wirtschaftseinheiten im Rahmen der Plan gelenkten staatlichen Wirtschaft. Sämtliche VEB waren nach westlicher Statistik und Begriffsdefinition Unternehmen (rechtlicher Status). Sie bestanden in der Regel aus einer Vielzahl örtlich getrennter Produktionsstätten.
Abb.: VEB Mikromatin Dresden, Brigade "Gründung der DDR" (1970, © Bundesarchiv, Bild 183-J1109-0032-001 / Häßler, Ulrich / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)
Die Leitungsorganisation eines VEB erfolgte nach dem in der Organisationslehre von Zentralverwaltungswirtschaften geltenden Prinzip der Einzelleitung und persönlichen Verantwortung. Wie die Praxis zeigte, führte diese personenbezogene Haftung keinesfalls zu einer Qualifizierung der VEB-Führung. Grund hierfür war die Tatsache, dass sämtliche Funktionsträger ständig bemüht waren, jede Entscheidung breit abzusichern, möglichst diffuse Verantwortlichkeiten zu erzeugen und damit persönliche Risiken zu minimieren. Die Befugnisse der Leiter waren vor allem auf Grund der in Form von Gesetzen und Plankennziffern vorgegebenen Aktionsbedingungen stark eingeschränkt.
Die Zahl der VEB ist seit Anfang der 60er Jahre ständig geschrumpft, während deren Beschäftigungszahl permanent angestiegen ist. Dieser Konzentrationsprozess war eng mit der letzten Verstaatlichungskampagne verbunden: Mit dieser Mitte 1972 abgeschlossenen Aktion wurden alle halbstaatlichen und privaten Betriebe in Industrie und Bauwesen sowie industriell produzierende Produktionsgenossenschaften (PGH) aufgelöst und in VEB überführt. Im Rahmen der Kombinatsreform Ende der 70er Jahre sind die meisten VEB organisatorisch in großen Kombinaten zusammengefasst worden. Die bis dahin noch zu einem gewissen Grad wendigen Zulieferer verloren mit ihrer Eingliederung in Kombinate vollends ihre Flexibilität. Damit hatte die Zahl der selbständigen VEB durch eine erneute organisatorische Zentralisierung weiter abgenommen. Insgesamt ist die Zahl der Industriebetriebe (ohneBetriebe der Wasserwirtschaft) ab Ende 1958 bis Ende 1989 von 17.030 auf 3.374 vermindert worden.
Abb.: Wismar, Mathias-Thesen-Werft (1982, © Bundesarchiv, Bild 183-1982-1125-002 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE)
Hinter der Idee der Konzentration und Zentralisierung stand der Gedanke, dass Großbetriebe leistungsfähiger seien als kleine und mittlere Betriebe. Darüber hinaus erhoffte sich die Partei- und Wirtschaftsführung Erleichterungen bei der Wirtschaftslenkung.
Die zunehmende Fülle und Komplexität der an die VEB herangetragenen Aufgaben hatten 1967 (VII. SED-Parteitag) zur Begründung einer Sozialistischen Betriebswirtschaft (SBW) und im weiteren Zeitverlauf zu speziellen SBW geführt. Die SBW war als eine primär praxisbezogene Unterweisung zum wirtschaftlichen, betrieblichen sowie sozialen Geschehen zu verstehen und durch eine produktive und eine ideologische Grundfunktion gekennzeichnet. Die produktive Funktion wurde durch Ziele der Wirtschaftspolitik und daraus resultierenden betrieblichen Funktionen vorgegeben. Die ideologische Funktion war eng verbunden mit der Sicherung gesellschaftspolitischer Beschlüsse der SED und einer Festigung der Partei und aller ihr gleichgeschaltetenstaatstragenden Organisationen. Davon ausgehend existierte die SBW ebenso als Disziplin der marxistisch-leninistischen Wirtschaftswissenschaften, und sie diente im gegebenen Zusammenhang der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung und -vermittlung.