Politische Kommunikation ist heute ohne digitale Strategien nicht mehr denkbar. Welche technischen Innovationen und Trends zeichnen sich ab? Das amerikanische Startup Higher Ground Labs veröffentlicht einmal jährlich den „Political Tech Landscape Report“, der die Entwicklungen und neue Technologien in der digitalen politischen Kommunikation beleuchtet. Für diesen Beitrag haben wir drei Trends herausgegriffen und etwas näher betrachtet.
1. Junge Zielgruppen durch Influencer-Marketing mobilisieren
Wie können junge Menschen gezielt angesprochen und mobilisiert werden? Mit dieser Frage sehen sich derzeit viele politische Kommunikatorinnen und Kommunikatoren konfrontiert. Die Erfahrungen aus den US-amerikanischen Midterms zeigen, dass die Zusammenarbeit mit Influencerinnen und Influencern eine erfolgsversprechende Möglichkeit sein kann.
Warum ist das so? Influencerinnen und Influencer bauen eine Art soziale Beziehung zu ihrer Community auf und werden von dieser deshalb häufig als besonders authentisch und vertrauenswürdig wahrgenommen. Politische Themen und Botschaften erhalten durch Influencerinnen und Influencer somit nicht nur eine größere Reichweite, sondern können innerhalb bestimmter Personengruppen glaubwürdiger vermittelt werden.
Insbesondere die bei der Generation Z sehr beliebten Plattformen TikTok und Instagram haben sich im Midterms-Wahlkampf wiederholt als geeignete Kanäle für Influencer-Kampagnen erwiesen. Das wird den Einschätzungen von Expertinnen und Experten zufolge auch langfristig so bleiben. Denn: Soziale Netzwerke wie Instragam, TikTok aber auch Youtube sind für junge Zielgruppen wichtige Plattformen, um sich über politische Inhalte zu informieren und werden auch gegenüber klassischen Suchmaschinen wie Google bevorzugt. Für Wahlkampagnen ist die Mobilisierung junger Menschen über Influencer-Marketing also ein Modell mit Zukunft.
2. TikTok und BeReal – die „Neuen“ in der Social Media-Welt
Um junge Menschen zu erreichen, müssen politische Parteien und Politikerinnen bzw. Politiker auch darauf achten, dort präsent zu sein, wo junge Menschen aktiv sind. Das gilt beispielsweise für Instagram und Youtube, doch auch immer mehr für die beliebte Kurzvideo-Plattform TikTok und die noch relativ junge Plattform BeReal.
Während sich TikTok bereits etabliert hat und auch die Einschätzung, dass es sich hier um eine Plattform handelt, die insbesondere für die Kommunikation mit jungen Zielgruppen zentral ist, durchgesetzt hat, bewegt sich BeReal noch weitegehend unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Die 2020 gegründete App BeReal, die sich als Gegenentwurf zu Instagram versteht, erfreut sich derzeit wachsender Beliebtheit. So verzeichnete die Plattform im vergangenen Jahr allein in den USA ca. 53 Millionen Downloads. Eine aktuelle Befragung der Mediaagentur OMD zeigt, dass 15 Prozent der Befragten zwischen 18 und 39 Jahren BeReal bereits nutzen und das auch aktiv: Mehr als die Hälfte der befragten Personen gab an, mindestens fünfmal pro Woche etwas zu teilen.
Ob sich die App langfristig etablieren wird, werden wohl die kommenden Monate zeigen. Sollte BeReal mehr als ein vorrübergehender Hype sein, könnte die App auch für die politische Kommunikation spannend sein. Welche Möglichkeiten die Plattform bietet und wie sie funktioniert, haben wir hier zusammengefasst.
3. Facebook bleibt für politische Werbung zentral – aber wie lange noch?
Auch wenn Facebooks Nutzerzahlen in den vergangenen Jahren stagnierten und die Bewerbungsmöglichkeiten eingeschränkt wurden, bleibt die Plattform für Werbeanzeigen essentiell. Das liegt einerseits daran, dass die zum Meta-Konzern gehörende Plattform gemeinsam mit Instagram zahlreiche Möglichkeiten zur zielgruppenspezifischen Ausspielung von Werbeanzeigen sowie unterschiedliche Werbeformate bietet. Andererseits kann Facebook trotz stagnierende Nutzerzahlen theoretisch noch immer eine der größten Communitys erreichen.
Das zeigt sich nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland: Seit 2019 hat Facebook laut seiner Werbebibliothek demnach allein in Deutschland etwa 926.000 Posts als Wahlwerbung oder Werbung „zu politisch oder gesellschaftlich relevanten Themen“ eingestuft, die sich auf einen Gesamtbetrag von ca. 96,7 Millionen Euro belaufen.
Ob politische Werbung auf Facebook auch zukünftig möglich sein wird, scheint jedoch fraglich. Laut aktuellen Berichten erwägt Meta ein unternehmensweites Verbot von politischer Werbung aufgrund der bevorstehenden EU-Verordnung, die mehr Transparenz und einen besseren Schutz der Userinnen und User in diesem Bereich gewährleisten soll. Aus Sicht von Meta sei allerdings unklar, ob die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram die geforderten Bedingungen umsetzen können.