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Der Mehrwert der digitalen Bildung

Digitale Bildung ist ein facettenreiches Konzept, das sich nicht auf die Integration von Technologie in Lehr- und Lernprozesse beschränkt, sondern eine grundlegende Neuorientierung der pädagogischen Praxis und des Bildungsverständnisses im digitalen Zeitalter beinhaltet. In einer Welt, in der das, was leicht gelehrt und getestet werden kann, auch leicht digitalisiert werden kann, liegt der wahre Wert nicht mehr nur im Wissen selbst, sondern in der Art und Weise, wie es angewendet wird. Die Verbindung der künstlichen Intelligenz von Computern mit den kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten des Menschen wird von zentraler Bedeutung sein. Erfolgreiche Bildung umfasst nicht nur traditionelle Fächer, sondern auch die Entwicklung von Identität, Handlungsfähigkeit und Sinn. Es geht darum, Neugier zu wecken, Empathie zu fördern und Mut zu machen, um die Herausforderungen unserer Zeit wie Ignoranz, Hass und Angst zu überwinden:[1]

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„Bei Bildung geht es nicht mehr nur darum, den Lernenden etwas beizubringen; wichtiger ist, sie zur Entwicklung eines verlässlichen Kompasses und von Navigationsinstrumenten zu befähigen, damit sie in einer zunehmend komplexen, unbeständigen und ungewissen Welt ihren eigenen Weg finden können. Es sind unser Vorstellungsvermögen, unser Bewusstsein, unsere Kenntnisse und Kompetenzen und – was am wichtigsten ist – unsere gemeinsamen Werte, unsere intellektuelle und moralische Reife sowie unser Verantwortungsgefühl, die uns befähigen werden, aus dieser Welt einen besseren Ort zu machen.“ (vgl.: Schleicher, Andreas: OECD Lernkompass 2030, S.8f.) 

Es geht um weit mehr als den bloßen Einsatz digitaler Werkzeuge, es geht um die Entwicklung einer umfassenden Strategie, die sowohl die didaktischen Methoden als auch die Bildungsinhalte transformiert und an die Bedürfnisse einer zunehmend vernetzten und digital geprägten Gesellschaft anpasst. Digitale Bildung eröffnet dabei neue Wege der Informationsvermittlung und -aufnahme, fördert individuelle Lernwege und unterstützt die Entwicklung digitaler Kompetenzen, die in der modernen Welt unverzichtbar sind.

 

Im Bereich der politischen Bildung bietet der digitale Ansatz die Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürger effektiver zu erreichen und einzubinden. Digitale Bildung wird hier zu einer Methode, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch zum kritischen Denken, zur Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Perspektiven und zur Teilhabe an demokratischen Prozessen anregt. Der Einsatz digitaler Bildung in der politischen Bildung kann die Förderung politischer Kompetenzen durch interaktive und multimediale Inhalte, die Simulation politischer Prozesse in virtuellen Umgebungen und die Nutzung sozialer Medien für partizipative Projekte umfassen. Sie kann auch dazu dienen, politische Bildung inklusiver und zugänglicher zu machen, indem sie die Barrieren des physischen Raums überwindet und eine Plattform für den Austausch und die Diskussion zwischen Bürgern unabhängig von ihrem geografischen Standort schafft: Die Welt als Klassenzimmer.

 

Der digitale Ansatz in der Bildung geht also weit über die Umwandlung analoger Informationen in digitale Formate hinaus. Digitale Bildung ist nicht die Arbeit mit PDF-Dokumenten! Um falsche Assoziationen zu vermeiden, ist der Begriff der Digitalität hilfreich (vgl. Stalder, Felix: Kultur der Digitalität. Berlin 2016): 

Digitalität erfasst eine breitere Perspektive, indem sie nicht nur die technologische Transformation, sondern auch die tiefgreifenden Auswirkungen der Digitalisierung auf unsere Gesellschaft, Kultur und unser Selbstverständnis berücksichtigt. Digitalität bezieht sich auf die qualitative Veränderung unserer Lebenswelt durch digitale Technologien – wie sie unsere Interaktion, Kommunikation, Wissensbildung und unser Verständnis von Gemeinschaft und Individualität beeinflussen. Hauptaspekte einer Kultur der Digitalität sind Referenzialität, Gemeinschaftlichkeit und Algorithmizität sowie globale Vernetzung und die Neuverhandlung von Privatheit. Im Kontext der politischen Bildung ergeben sich daraus folgende Handlungsfelder:

 

1. Referenzialität: Für die politische Bildung bedeutet dies, dass Lernende in die Lage versetzt werden, Informationen kritisch zu bewerten, Quellen zu überprüfen und persönliche Bezugssysteme zu entwickeln, die politische Ereignisse und Diskurse in einen sinnvollen Kontext stellen. Medienkompetenz zur Erkennung von Fake News und Desinformation.

 

2. Gemeinschaftlichkeit: Dieser Aspekt betont die Bedeutung von digitaler Partizipation und kollektivem Handeln bei politischen Prozessen. In der politischen Bildung können Lernende lernen, sich in Online-Communities zu engagieren, Diskussionen zu führen und gemeinsam politische Ziele zu verfolgen, z.B. durch Online-Petitionen, Social-Media-Kampagnen oder digitale Diskussionsforen.

 

​​​​​​​3. Algorithmizität: In der politischen Bildung ist es wichtig, ein Bewusstsein für die Bedeutung und den Einfluss von Algorithmen und künstlicher Intelligenz auf die Verbreitung von Informationen und die Meinungsbildung zu entwickeln. Die Lernenden müssen verstehen, wie Algorithmen Nachrichten und Informationen filtern, welche Datengrundlage KI hat und wie sie sich auf politische Diskurse auswirken kann.  

 

​​​​​​​4. Globale Vernetzung: Politische Bildung muss die globale Dimension der Digitalisierung berücksichtigen, da politische Themen und Debatten zunehmend grenzüberschreitend stattfinden.

 

​​​​​​​5. Datenschutz und Privatsphäre: Die Bedeutung von Datenschutz und digitaler Privatsphäre in der politischen Kommunikation und Interaktion muss ein zentraler Bestandteil der Bildungsarbeit sein.

 

Auch die Kultusministerkonferenz empfiehlt in einer Kultur der Digitalität, Bildungsprozesse an die spezifischen Herausforderungen und medialen Lebenswelten der Lernenden anzupassen. Lehr- und Lernszenarien sollten darauf ausgerichtet sein, den Lernenden altersgerecht die Möglichkeit zu geben, sich ein tragfähiges Weltbild zu erarbeiten, sich kritisch mit unterschiedlichen Wertvorstellungen auseinanderzusetzen, verschiedene Lebenswelten und Perspektiven zu berücksichtigen und die Bedeutung von Werten und Normen für den Einzelnen und die Gesellschaft zu reflektieren. Digitale Lehr- und Lernprozesse sollten daher Kompetenzen fördern, die eine mündige, selbstbestimmte und aktive Teilhabe in einer digitalisierten Welt ermöglichen. (vgl. KMK-Strategie Bildung in der digitalen Welt)