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Mythos: "Die DDR war ein Friedensstaat"

In ihrem Selbstverständnis war die DDR ein „Friedensstaat“. Diesen Anspruch leitete sie aus der von Karl Marx und Friedrich Engels im Manifest der Kommunistischen Partei von 1848 behaupteten Friedfertigkeit des Sozialismus ab. Außerdem verwirklichte sie nach Auffassung der SED, im Gegensatz zur „imperialistischen BRD“, die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz demokratisch und friedlich zu sein.

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Militarisierung des Alltags

Allerdings stand die permanente Selbststilisierung der DDR als „Friedensstaat“ in krassem Widerspruch zur ständigen Militarisierung von Staat und Gesellschaft. So war der Alltag in der DDR sehr stark militärisch geprägt. Die Uniformen von Volkspolizei, Volksarmee, Kampfgruppen, Gesellschaft für Sport und Technik, Stasi und Transportpolizei gehörten zum Straßenbild.

Wehrpflicht

In der DDR existierte seit 1962 eine allgemeine Wehrpflicht von 18 Monaten. Wer den Dienst an der Waffe ablehnte, konnte seit September 1964 den Dienst ohne Waffe ableisten. Wer auch dazu nicht bereit war, wurde von dem Militärgericht angeklagt und musste mit Gefängnisstrafen von bis zu drei Jahren rechnen. Der „Friedensstaat DDR“ duldete keine Wehrdienstverweigerer. Pazifisten, so die SED-Argumentation, arbeiteten den „imperialistischen Kriegstreibern“ in die Hände.

Militarisierung in Kindergarten und Schule

Bereits im Kindergarten wurde ein klares Freund-Feind-Bild vermittelt. Besuche bei sogenannten „Pateneinheiten“ der Nationale Volksarmee (NVA) und das alljährlich im Winter stattfindende Manöver „Schneeflocke“ sollten schon Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre für den Militärdienst begeistern. Dabei sollten sie sich „an das Verhalten in militärischen Kollektiven, an Gehorsam und Disziplin gewöhnen.“

Einen weiteren Schritt zur Militarisierung des Kinder- und Jugendalltags bildete die Einführung des „Wehrkundeunterrichts“ an Schulen am 1.9.1978. Eine 14-tägige vormilitärische Ausbildung, bei der die Jugendlichen kaserniert wurden, war für alle Mädchen und Jungen der 9. Klasse in der DDR Pflicht. Dabei mussten die Jungen ein Wehrlager und die Mädchen einen Lehrgang für Zivilverteidigung absolvieren.

Unterstützung der Friedensbewegung im Westen

In den westlichen Ländern unterstützte die SED dagegen die seit Anfang der 1980er Jahre immer stärker anwachsende Friedensbewegung und versuchte, über die westdeutsche DKP (Deutsche Kommunistische Partei) direkten Einfluss zu nehmen.

„Schwerter zu Pflugscharen“

Zu Hause allerdings duldete der „Friedensstaat“ neben seinen eigenen offiziellen Aktivitäten – wie etwa dem 1982 gestarteten Musikfestival „Rock für den Frieden“ – keine selbständige Friedensbewegung. So galt schon das Tragen eines Aufnähers mit dem Friedenssymbol „Schwerter zu Pflugscharen“ als Kritik an der eigenen Friedenspolitik und als Versuch, die „Verteidigungsbereitschaft“ der DDR zu schwächen.

1980 hatte der der sächsische Jugendpfarrer Harald Bretschneider das Symbol der neuen Bewegung "Schwerter zu Pflugscharen" entwickelt. Es zeigt einen Mann, der sein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedet und nimmt Bezug auf die Bibel: Dort heißt es beim Propheten Micha: „Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem. Er wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Ländern. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des Herrn Zebaot hat es geredet.“

Schon bald trugen junge Menschen im ganzen Land diesen Aufnäher.  Die Staatsmacht reagierte mit massiver Repression. Aber einige Jugendliche trugen nun statt des verbotenen Symbols einen weißen Kreis oder sogar ein Loch an der Stelle, wo Polizisten oder Lehrer den Aufnäher aus dem Jackenärmel gerissen oder geschnitten hatten.