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Der Mauerbau und die Konsequenzen für die Menschen

In der Woche vor dem Mauerbau stieg die Zahl der Flüchtlinge sprunghaft an. Allein im Juli 1961 wurden 30.415 Anträge auf Notaufnahme registriert. Im Vergleich zum Vormonat stieg die Zahl der Flüchtlinge um mehr als 50 Prozent, gegenüber dem Vorjahr um fast 100 Prozent. Mit der Errichtung der Berliner Mauer wurde die Fluchtbewegung aus der DDR gewaltsam gestoppt. In der Nacht vom 12.08. auf den 13.08.1961 begannen sowjetische und DDR-Verbände (Volkspolizei, Nationale Volksarmee und Betriebskampfgruppen) eine Grenze mit Stacheldraht zu den Westsektoren Berlins zu errichten, die bald darauf durch eine Mauer aus Hohlblocksteinen und Betonpfählen ersetzt wurde. Die lange vorbereitete Aktion wurde technisch präzise durchgeführt und dauerte nur wenige Tage. Die Initiatoren waren sich des Risikos durchaus bewusst, da sich die Reaktion des Westens auf die Verletzung des Vier-Mächte-Status Gesamtberlins nicht kalkulieren ließ. Die westliche Reaktion fiel jedoch überraschend zurückhaltend aus. Mit dem Mauerbau wurde deutlich, dass die USA die Interessen und die Einflusssphäre der UdSSR respektierten, ebenso wie dies umgekehrt in der Kuba-Krise des Jahres 1962 bei der Sowjetunion sichtbar wurde. Die Teilung Deutschlands gehörte inzwischen zum Status quo zwischen den Siegermächten.

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Systematische Abriegelung und Schicksale der DDR-Bürgerinnen und Bürger

Die Mauer blieb und wurde ebenso wie die gesamte innerdeutsche Grenze auf insgesamt 1.393 Kilometern durch Kontrollstreifen, Minenfelder, Wachtürme, Gräben, Hundelaufanlagen und Selbstschussautomaten perfektioniert. Die Überwachung der Grenze fand durch die Grenztruppen der DDR (insgesamt ca. 47.000 Mann) statt. Der Schießbefehl sollte die Überwindung der Grenzanlagen durch Flüchtlinge verhindern. Entlang der Sperranlagen erstreckte sich das Grenzgebiet mit Schutzstreifen und Sperrzonen, das ebenfalls kontrolliert wurde und nur mit einem Sonderausweis betreten werden durfte. Diese Sperrmaßnahmen sollten jeglichen Kontakt zwischen Freunden und Verwandten im beiderseitigen Grenzgebiet, vor allem jedoch die Flucht aus der DDR in den freien Teil Deutschlands verhindern. Die letzte Fluchtmöglichkeit war somit versperrt, Deutschland allem Anschein nach endgültig geteilt. Die tatsächlichen Ursachen dafür, dass so viele Menschen fliehen bzw. ausreisen wollten, lagen sowohl in dem Wohlstandsgefälle zwischen der Bundesrepublik und der DDR als auch in der Unfreiheit des Individuums. Dem SED-Regime fehlte es einerseits an Legitimation, andererseits war es entschlossen, die „sozialistische Umgestaltung“ massiv zu forcieren. Die Existenz der DDR war damit an eine strikte Abschottung durch Mauer und Stacheldraht gebunden, die von der Sowjetunion und den anderen Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes politisch abgesegnet worden war. Nach Angaben der Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) sind nach bisherigen Erkenntnissen zwischen 1949 und 1989 insgesamt 420 Menschen bei Fluchtversuchen aus der DDR getötet worden. 154 starben an der Berliner Mauer, 244 an der innerdeutschen Grenze und acht in der Ostsee, die übrigen an der DDR-Grenze zum Ausland. Mit der Abgrenzung der DDR durch den Mauerbau erreichte das SED-Regime in den folgenden Jahren, was ihm bis dahin nicht gelungen war: eine weitgehende Anpassung der Bevölkerung an den neuen Staat. Nach anfänglicher Verbitterung stellte sich ein allmählicher Prozess der Gewöhnung ein; in einer Art Resignation fand sich die Bevölkerung der DDR mangels Alternativen mit den Verhältnissen ab. Ein verstärkter Rückzug ins Private, in die „Nische“, war die Folge.