Kann eine Berufsschule mehr sein als ein Ort für Fachwissen? Wie lassen sich kreative Räume und Zukunftsprojekte so gestalten, dass Auszubildende aktiv gestalten, experimentieren und sich auf eine digitale, nachhaltige Arbeitswelt vorbereiten? Lehrkräfte an Berufsschulen spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie gestalten Lernräume, die Innovation, politische Bildung und digitale Technologien zusammenführen, denn in einer zukunftsorientierten Berufsschule ist politische Bildung kein Zusatz, sondern ein integraler Bestandteil der Ausbildung. Welche Wirkung entfalten Makerspaces, VR Labs oder IoT‑Projekte in der Ausbildung und was braucht es, damit Innovation nicht nur Theorie bleibt, sondern gelebt wird.
Berufsschulen können zu lebendigen Lernorten werden, in denen Schüler*innen durch eigenes Tun, Forschen und Gestalten berufliche Handlungskompetenz entwickeln. Wo Technik, Kreativität und Kollaboration zusammenspielen, entstehen praxisnahe Lösungen, neue Denkweisen und berufliche Selbstwirksamkeit. Studien zeigen: Solche innovativen Lernumgebungen fördern unternehmerisches und digitales Denken und eröffnen zugleich Potenziale für politische Bildung in neuen Kontexten, etwas über partizipative Projekte oder gesellschaftlich relevante Fragestellungen in Designprozessen.
Im Rahmen dieser innovativen Ansätze bietet Design Thinking eine wertvolle Methode, um demokratische Kompetenzen gezielt zu fördern. Die Methode stärkt Perspektivenwechsel, Empathie und gemeinsames Problemlösen, zentrale Fähigkeiten politischer Bildung. Zugleich unterstützt sie kreatives Arbeiten und kollaborative Lernprozesse*. Wenn Berufsschulen als offene, gestaltbare Lernräume gedacht werden, entsteht Raum für Teilhabe und Mitbestimmung. Damit dies gelingt, braucht es strukturelle Verankerung und kontinuierliche Begleitung.
Von Theorie zu gelebter Innovation: Praxisbeispiele
Damit Innovation in der beruflichen Bildung gelingt, braucht es mehr als gute Ideen, es braucht konkrete Strukturen, die Wandel ermöglichen. Aus der Praxis lassen sich fünf zentrale Ansatzpunkte ableiten, die Innovation im Unterricht, in der Raumgestaltung und in der Schulentwicklung systematisch fördern. Wie diese Strategien in der Realität wirken, zeigen Best-Practice-Beispiele aus Berufsschulen, die schon heute Lernräume von morgen gestalten. Sie machen deutlich, wie politische Bildung durch digitale, kreative und kollaborative Formate lebendig und alltagsnah werden kann.
- Raumgestaltung neu denken:
Flexible, technologiegestützte Kreativräume, etwa Makerspaces, VR-Labs oder CAD-Stationen, schaffen Umgebungen, in denen Selbstorganisation und Experimentieren möglich werden*.
Best Practice: FutureLab – CBS Koblenz:
Im FutureLab tüfteln IT-Auszubildende an VR-Spielen, Smart-Home-Projekten und IoT-Lösungen. Mit mobilen Makerspace-Möbeln, Design Thinking und digitalen Tools gestalten sie Prototypen, von der Idee bis zum Produkt. Wahlfächer wie „Existenzgründung“ und „Produktdesign“ fördern unternehmerisches Denken und machen die CBS Koblenz zum echten Labor für digitale Kreativität*.
- Kollaborative Kultur fördern:
Wenn Teams aus Schüler*innen, Lehrkräften und externen Partnern gemeinsam an realen Herausforderungen arbeiten, entstehen tragfähige Lösungen und ein neues Miteinander im Lernprozess*.
Best Practice: innolabBS – Baden-Württemberg:
Ein Netzwerk aus Berufsschulen wird hier zur Innovationsschmiede: Gemeinsam entwickeln sie Lernformate zu Nachhaltigkeit, Agilität und Digitalisierung. Über Moodle tauschen sie Ideen und Tools aus, ein Ökosystem, in dem neue Unterrichtskonzepte entstehen und Schulentwicklung als kollaborativer Innovationsprozess gedacht wird*.
- Lehrkräfte gezielt stärken:
Fortbildungen in Methoden wie Design Thinking, agilen Arbeitsweisen und digitalen Tools sind essentiell, um Innovation nicht nur zu begleiten, sondern aktiv zu gestalten*. Digitale Tools können dabei gezielt zur Demokratieförderung eingesetzt werden, etwa durch QR-Codes, interaktive Lernformate oder digitale Partizipationswerkzeuge, die politische Bildung niedrigschwellig und alltagsnah erlebbar machen.
Best Practice: KI im Unterricht – Robert Bosch Stiftung:
20 Schulen, eine Mission: Künstliche Intelligenz sinnvoll in den Unterricht bringen. Ob Chatbots in Einbeck oder KI-gestützte Gesundheitsbildung in Delmenhorst, hier wird Zukunft nicht nur gedacht, sondern gelebt. Workshops, Vernetzung und Expert*innen-Coaching machen die teilnehmenden Berufsschulen zu Vorreitern KI-basierter Bildung*.
- Netzwerke nutzen und skalieren:
Plattformen wie innolabBS zeigen, wie der Austausch zwischen Berufsschulen gelingt und wie wirkungsvolle Formate durch Nachahmung weitergetragen werden können*.
- Forschung und Praxis verzahnen:
Mit Design-Based-Research-Ansätzen lässt sich gemeinsam mit Hochschulen erforschen, wie Innovation konkret im Unterricht verankert werden kann, wissenschaftlich fundiert und praxisnah*.
Berufsschulen als Innovationslabore für Demokratie und Zukunft
Berufsschulen können weit mehr sein als reine Wissensvermittler, sie haben das Potenzial, echte Innovationslabore zu werden. Durch flexible Räume, digitale Technologien und kreative Methoden entstehen Lernumgebungen, in denen Auszubildende nicht nur fachliche Kompetenzen, sondern auch politische und demokratische Handlungskompetenzen entwickeln. Gerade Formate wie die Demokratie Starterbox zeigen, wie politische Bildung praxisnah, spielerisch und alltagsbezogen in die Ausbildung integriert werden kann. Kombiniert mit Makerspaces, VR-Labs oder IoT-Projekten wird Demokratie nicht nur erklärt, sondern erlebt – und das schafft nachhaltige Wirkung.Politische Bildung ist dabei kein Zusatz, sondern ein integraler Bestandteil des Lernprozesses.Innovative Berufsschulen fördern so nicht nur technische und unternehmerische Fähigkeiten, sondern auch Perspektivenwechsel, Empathie und gesellschaftliches Engagement. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag für eine demokratische, digitale und nachhaltige Zukunft.
Quellen:
Baden-Württemberg Ministerium für Kultus, Jugend und Sport (o. J.). innolabBS – Innovatives Netzwerk für Nachhaltigkeit, Agilität und digitale Lernkultur an Berufsschulen.
https://km.baden-wuerttemberg.de/de/schule/berufliche-bildung/schulartuebergreifende-themen/innolabbs
Carl Benz Schule (CBS) - Berufsbildende Schule Technik Koblenz. (o. J.). Kreative Unterrichtsmethoden | Individuelles Lernen.
https://bbs-technik-koblenz.de/kreative-unterrichtsmethoden-individuelles-lernen/
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